Atlantis

Rückführung H. K. Challoner

Teil I

Seit vielen Jahrhunderten hält sich die Vorstellung, dass dereinst ein mächtiger Kontinent existierte, der vom Ozean verschlungen wurde, nur noch als eine Legende und fand nur in Volkssagen und in den Mysterien Ägyptens und Griechenlands einen Niederschlag. Erst vor kurzer Zeit haben auch wissenschaftliche Forschungen zur Befriedigung aller, außer unbelehrbaren Skeptikern, den Beweis geliefert, dass mindestens ein solcher Erdteil – als die Wiege unserer eigenen Zivilisation – bestanden hat. Die Wissenschaft kann auf dem Entdeckungsweg durch ihre üblichen Methoden nicht mehr viel weiter kommen, da nur wenig von jenem geheimnisvollen „Atlantis“ genannten Land geblieben ist. 4Es stehen jedoch andere Methoden offen – nämlich die, welche ich bereits zu erklären suchte – das Studium der Akasha-Chronik durch geschulte Seher und Eingeweihte. Von diesen Menschen, welche die Fähigkeit erwarben, die Vergangenheit auf diese Weise neu erstehen zu lassen, haben wir schon viel von der Größe und den Wundern jener erloschenen Zivilisation erfahren, die in vieler Beziehung so fortgeschritten wie die unsere war oder sie sogar übertraf. Dies wird eindrucksvoll durch gewisse gewaltige Monumente bestätigt – die Pyramiden von Ägypten und Südamerika sowie die rätselhaften Statuen-Kolosse der Osterinsel. Diese wurden alle von den verschiedenen Bevölkerungswellen der Kolonisten erbaut, die den Kontinent zur Zeit der ungeheuren Katastrophen, durch die er schließlich vernichtet wurde, verließen.

 

In diese Zeit und in dieses verlorene Land wurde also unsere kleine Gruppe während jener Erlebnisse zurückversetzt. Die Verkörperung, welche uns enthüllt und später durch mich weiter detailliert wurde, fand offenbar während der späteren Stadien der atlantischen Zivilisation statt, als die Mächte des Bösen schon Macht gewannen und allmählich die Kräfte des Fortschritts untergruben.

Das Niederschreiben dieser Episode glich der gewöhnlichen Art eines „Automatischen Schreibens“ viel mehr als alles, was später geschah. Aus vielerlei Gründen ist es keineswegs erwünscht, einen zu detaillierten Bericht von jenem Leben zu liefern oder das mir vermittelte Manuskript jetzt schon ganz zu veröffentlichen. Aber es ist nötig, eine Zusammenfassung von allem, was uns dort begegnete, zu geben; denn dieses scheinbar zufällige Beisammensein von Freunden in einem Bungalow an der englischen Küste war – so phantastisch es auch klingt – zweifellos die unmittelbare Folge von Zusammenkünften der gleichen Menschen an einer anderen Meeresküste vor etwa 800 000 Jahren. Von deren Rückwirkungen im Verlauf der Zeitalter habe ich zu erzählen.

 

In meinem ersten Traum, und in mehreren folgenden, befand ich mich in den Straßen jener mächtigen Stadt, „Die Stadt des Goldenen Tores“ genannt. Ich wanderte zwischen Gebäuden umher, die so phantastisch und prachtvoll entworfen und mit so herrlichen Ornamenten verziert waren, dass im Vergleich mit ihnen auch die bedeutendsten Werke unserer Zeit wahrhaftig gering erscheinen. Aber für einen modernen Menschen, der diese verschollene Zivilisation noch einmal besucht, ist es weniger die zauberhafte Schönheit der Gebäude oder die riesenhafte Körpergröße der Männer und Frauen, die ihn außer Fassung bringt, als vielmehr die Mentalität jener Rasse, weil sie uns äußerst schwer verständlich scheint; denn diese Menschen waren von der Entwicklung des Astralkörpers in Anspruch genommen (Entwicklung des 7. Sinns – meine Anmerkung). Die Menschheit war über die instinkthafte oder rein animalische Phase hinausgewachsen und lebte jetzt im Fühlen und Wünschen zentriert. 

 

Der logische Verstand, so wie wir ihn jetzt kennen, spielte offensichtlich nur eine kleine Rolle in ihrer Konstitution, obwohl ihre Intelligenz, oder eher eine Art von gefühlsmäßiger Kenntnis der Naturkräfte, sie in mancher Weise als uns überragend erscheinen ließ. Es ist schwer, dies technisch zu erklären, aber so weit es herauszufinden ist, war es so: Ihre unteren Kraftzentren, welche das instinktive, emotionelle und physische Leben regieren, erzeugten die Motivkraft für fast alle ihre Handlungen, so wie es noch bei unterentwickelten Völkern unserer Zeit der Fall ist. Daher war ihr gesamter Verhaltenskodex, samt allen Zwecken und Zielen, gänzlich verschieden von dem des heutigen Menschen, welcher seine Gefühlsnatur mehr oder weniger voll entwickelt hat und sich jetzt bemüht, sie unter Kontrolle des Verstandes zu bringen.