Jeschua ben Josef, der Nazarener

Fortsetzung II

Vor zweitausend Jahren war der Name Jesus sehr gebräuchlich.

Aus diesem Grunde haben viele Seher mehrere Persönlichkeiten, die denselben Namen trugen, aber nicht der Christus waren, verwechselt. Der eklatanteste Fehler zeigte sich in der Erklärung, dass Jesus, der Christus, später Apollonius von Tyana wurde. Diese Schlussfolgerung erweist sich als offensichtlich unlogisch, denn Apollonius war nicht halb so bedeutend wie Jesus. Dieser Irrtum entsprang der Tatsache, dass es in Bethlehem einen anderen, älteren Lehrer gab, der ebenfalls den Namen Jesus trug. Der beliebte Essener und Eingeweihte bereiste Ägypten, Griechenland und Indien. Hätte dieser Lehrer nicht den gleichen Namen getragen, den man dem Messias gab, wäre der Irrtum bezüglich der Identität niemals aufgetreten.

 

Jesus, der spätere Christus, heilte, vollbrachte Wunder und besiegte den Tod.

Es gab keinen Grund, ihm etwas zu lehren, denn er kam mit einem erleuchteten Mentalkörper in diese Welt. Er wusste, warum er kam und war darauf vorbereitet, seine Botschaft zu verkünden. Niemand auf dieser Erde wäre in der Lage gewesen, ihn über die geistige Aufgabe, die vor ihm lag, zu belehren. Lange vor seinem Leben als Jesus war er in die Mysterien eingeweiht worden. Niemand konnte an sein Bewusstsein heranreichen. Jesus stimmte sich einfach auf die universale Lehre ein, welche die Welt umhüllt. Jesus war ein ausgesprochen gutaussehender Mann, hochgewachsen, athletisch gebaut, mit großen braunen Augen und braunem Haar, das wie Bronze in der Sonne leuchtete. Er sprach stets ermutigend und mit weisem Humor. Seine ungewöhnliche Ausstrahlung zog die Leute an. Sie verehrten ihn und schmeichelten ihm. Sie folgten ihm, denn seinem Mund entströmten Worte der Stärke, des Lebens und der Wandlung. Bisweilen fühlten sie sich in seiner Anwesenheit unwohl, da er die Fähigkeit besaß, ihre geheimsten Gedanken wahrzunehmen. Sie wussten es, denn er pflegte ihnen zu sagen, was er sah, ob ihre Gedanken gut oder schlecht waren. Jesus klagte und frömmelte niemals. Unentschlossenheit kannte er nicht. Als Gottes Sohn besaß er für solche negativen Züge zu große Stärke und Ausgeglichenheit.

 

Selbst ehe er bekannt wurde, ereigneten sich in seiner Anwesenheit viele wunderbare Dinge. Ich erinnere mich an einen klumpfüßigen Jungen, der auf Marias Knien saß.

Jesus betrat den Raum, und der Kleine streckte ihm seine Hände entgegen. Dieser nahm ihn hoch, hielt ihn eine Weile und setzte ihn wortlos zurück. Zunächst bemerkten wir nichts, bis eine Frau plötzlich ausrief: „Er ist geheilt worden, schaut!“ Wir schauten und sahen, dass der Fuß des Kindes normal war. Bei einer anderen Gelegenheit bemerkte ich ein etwa vierjähriges Mädchen den Hof betreten, in dem Jesus zu seinen siebzig Jüngern sprach. Sie trug eine Katze in ihren Armen, die von den anderen Kindern arg gequält und misshandelt worden war. Das Kind brachte das Tier zu Jesus.

 

Er unterbrach seine Rede und streichelte die Katze. Diese streckte sich und sprang aus den Armen des kleinen Mädchens. Sie war geheilt. Alle Blutspuren waren wie weggewischt. So stark war seine Heilkraft. Derartige Dinge ereigneten sich des Öfteren, ehe er die Aufmerksamkeit zahlreicher Menschen erregte. Vor seinem dreißigsten Lebensjahr verhielt er sich in diesen Dingen so unauffällig, dass die meisten Leute erst später erkannten, dass er ein Wunder vollbracht hatte. Er empfand es als ganz natürlich, die Nöte des Alltags zu sehen, sie zu segnen oder zu heilen.