Religionen und Gottesbild II

Nicht den vollen Kreis zu bieten bedeutet im Umkehrschluss, dass die Religionen, trotz aller Illusionen und Missverständnisse, fehlerhaften Übersetzungen der Urtexte und Irrtümern, doch mehr oder weniger große Teile des Kreises erkannten und zugänglich machten. Dass sie nicht abseits des Göttlichen stehen, sondern selbst um Erkenntnis ringend, sich auf dem Weg befinden.

 

Dass keine in der Lage war, den vollen Kreis zu erkennen, liegt, nach meinem Verständnis, vor allem daran, dass sie nicht erkannten, dass sie Mosaiksteine eines Bildes sind und jede von ihnen bestimmte Aspekte des Göttlichen betrachtet. Hätten sie dies erkannt und das Puzzle zusammengesetzt, die Aspekte des Göttlichen zusammengefügt und gemeinsam an der Vollendung des „Großen Werkes“ gearbeitet, wären sie dem Göttlichen so nah wie, in dieser eng begrenzten Welt, möglich gekommen. Vielleicht wäre es ihnen so gelungen, den Kreis zu schließen.

 

Doch sie wählten den Weg der Abgrenzung, voneinander. Richteten ihre Kräfte gegeneinander. Verloren sich zeitweise im „Rausch der Macht“, manifestierten zu unterschiedlichen Zeiten religiösen Fundamentalismus und Fanatismus und bekämpften und bekämpfen einander noch immer mit Worten und in Teilen dieser Welt auch mit Waffen. Werfen einander „Unglauben“ vor und erheben ihre starren Dogmen zur „einzig wahren“ Lehre. Und statt die suchenden und um Rückgewinnung ihres Wissen ringenden Seelen zur Begegnung mit dem Göttlichen zu führen, versuchten sie ihnen ein Korsett aus Angst und Furcht, den Schlingen des negativen Pfades, aufzuerlegen und in ihrer Eitelkeit an sich zu binden. Doch der Geist selbst, den Jeschua ben Josef, der Christus dieser Welt, in seiner Nachfolge einsetzte (und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht, noch ihn erkennt. Ihr erkennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein. Ich werde euch nicht verwaist zurücklassen. Johannes 14, 16 – 18), begann im Einklang mit dem göttlichen Ratschluss, die suchenden und im Erwachen begriffenen Seelen selbst zu führen und zu unterweisen. Und so wurden viele über den „äußeren Weg“ zu den Pfaden der „Inneren Wege“ weitergeführt. Und während die Priesterschaft in vielen Religionen deutlich abnahm, wurden „Hohe-Priester und Hohe-Priesterinnen aus dem Geist“ in die Welt entsandt, um zu dienen.

 

Dennoch sind die so geführten Seelen dankbar für die Hilfe und Unterstützung, die sie innerhalb der Religionen erhielten, in den Tagen ihrer Kindheit und frühen Jugend – so dies zutrifft.

Und sie vergessen nicht die Gemeinschaften, die sie trugen. Die „geistigen Räume“, die ihnen geboten wurden, um sich zu erproben, zu experimentieren und anzudeuten, welches Licht ihren Weg erleuchtet. Unsere Liebe umfängt alles und jeden und auch die Religionen und Weisheitslehren.

 

Die Religionen werden weiterhin eine Rolle spielen, doch in einer sich langsam wandelnden Form. In diese werden alle Erfahrungen der Jahrtausende einfließen, die mit und in den Religionen gewonnen wurden. Die Erfahrungen der Mystiker im Entwickeln von flexiblen Glaubenssystemen, die über Jahrtausende hinweg gesammelt und deren Wirkung genau beobachtet wurde, wird in erheblichem Maße wegweisend sein. Vieles weist darauf hin, dass eine neue spirituelle Bibliothek im Aufbau ist. Der Kreis wird sich auf andere Weise schließen. Erst dann werden Priester und Priesterinnen wieder ihre angestammten Plätze einnehmen. 

 

-NostraMiZi-