Völlerei (gula)

Bildbetrachtung

Bild:

 

Reitet meist auf einem Schwein oder auf einem Fuchs mit Gans im Maul; Symbole: Bär, Wolf, Schwein, Falke, Rabe, gebratener Hahn. Sie ist oft trinkend oder sich erbrechend dargestellt

 

Grundlegendes, Begriffsdefinition:

 

Gula bezeichnet:

 

   * anatomisch die Kehle

 

   * eine Form eines ventralen Kopfkapselverschlusses bei Insekten

 

   * Gula (Gottheit), eine Gottheit aus Mesopotamien

 

   * Gula (Sprache), eine Sprache in Sudan

 

   * den lateinischen Begriff für Völlerei und damit eine der Todsünden

 

Gula - eine akkadische Heilsgöttin. Sie ist durch ihre spätere Gleichsetzung mit Baba die Gemahlin von Ninurta. Ihr Symboltier war der Hund. Gula waren jeweils der 9. und 10. Tag eines Monats geweiht. Seit der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. wurde sie ausser mit Baba auch mit Nin’insina gleichgesetzt.

 

Völlerei (auch Fresssucht, Schwelgerei, Gefräßigkeit, Maßlosigkeit und Unmäßigkeit) ist gemeinhin bekannt als die sechste der sieben Hauptlaster. Die Völlerei (lat. gula) ist die Charaktereigenschaft, das Laster, eines Menschen, die ihn zu einem ausschweifenden und maßlosen Leben führt und ihn somit undankbar gegenüber dem Schöpfer und der Gabe des Lebens werden lässt.

 

Interpretation

 

… reitet auf einem Fuchs mit Gans im Maul … - finde ich besonders passend. Mit dem Schwein kann ich weniger anfangen, im Hinblick auf die Völlerei. Es sei denn, man greift den heutigen Mastgedanken auf. Der Fuchs gilt als schlau, hinterlistig, durchtrieben und, dringt er in einen Stall mit Federvieh ein, tötet er, was er erwischt, auch wenn er davon letztlich nur ein Tier mitnehmen kann.

 

Im Volksmund wird er auch als Dieb gesehen (Fuchs du hast die Gans gestohlen …)

 

„Die Bärensymbolik ist auch lunar, da sie sich auf das Unbewusste bezieht. Der Bär wurde mit der Göttin Diana, der Mondgöttin, assoziiert. In der Alchemie symbolisiert er die nigredo (»Schwarzwerden«) der materia prima (»Urstoff«). Er bezieht sich auf alle Anfangsphasen und Urinstinkte". („Die Botschaft der Krafttiere", Ted Andrews). Er wäre also ein Verweis darauf, das es sich bei der Völlerei um eine Versuchung aus den unteren, dem Tierreich entstammenden Instinkten und Trieben handelt. Jener Ebenen, in die die noch unbewusste Seele geboren wird.

 

Woraus ich wiederum folgere, im Umkehrschluss, das sich die Völlerei durch Bewusstwerdung und bewusstes Leben (erwachte Seele/erwachter Geist) überwinden lässt. Auch der Wolf steht für die Urinstinkte.

 

Der Falke wird als Übermittler zwischen dieser Welt und der Anderswelt gesehen. Er ist geschickter und stärker als andere Vögel und steht für großes Seh- und Erinnerungsvermögen. In diesem Zusammenhang wäre er eine Aufforderung, genau hinzusehen, das ganze Wesen der Völlerei zu erfassen und gewarnt zu sein.

Der Rabe wurde mit dem Gott der Unterwelt assoziiert: Er ist der Verkünder von Unglück und Tod. Er galt aber auch als starker Beschützer für jene, die seine Gunst erringen konnten. Bei meinen Visualisierungen verkörpert der Raabe/Rabenvögel die Welt/Ebenen der „verlorenen Seelen“. Somit verweist der Raabe auf die negative, todbringende Seite der Völlerei. Das gebratene Huhn weckt in mir die Assoziation zu jenem paradiesischen Ort, an dem Honig und Milch fließen und gebratene Tauben in den Mund fliegen. Die Völlerei mag ein „Paradies auf Erden“ vorgaukeln, doch ist dies ein trügerisches Bild. Jener paradiesische Ort muss hart verdient und erarbeitet werden – die Völlerei führt nicht dahin.

 

Die trinkende Darstellung erinnert daran, das sich die Völlerei nicht auf das Essen beschränkt.

 

Die sich übergebende Darstellung erinnert sehr stark an die Krankheit Bulimie. Die unbehandelt, sehr oft, zum Tode führt. Hier treffen zwei Extreme aufeinander: Die Fresssucht (krankhaft) und der Schlank-heitswahn – beides führt zu einer Spirale aus „fressen“ und „sich übergeben“, um schlank zu bleiben. Dieses Bild verdeutlicht also sowohl den nach unten führenden Pfad und die tödliche Gefahr.

Doch auch übermäßiges Trinken und Essen kann zu einem normalen Brechreiz führen.

 

Der „Winterschlaf“ des Bären sehe ich als Verweis auf die Wirkung der Völlerei, auf den Menschen.

Wir kennen das Sprichwort: „Ein voller Bauch studiert nicht gern“.

Der Mensch wird träge, desinteressiert an seiner Umgebung, alles dreht sich mehr und mehr um ständiges Essen und Trinken – der Mensch wird immer selbst bezogener, egoistischer, aber auch immer langsamer und träger. Der Überfluss wird zur Normalität, Dankbarkeit wird nicht mehr empfunden. Das Spirituelle unwichtig, zweitrangig – bis es nicht mehr wahrgenommen wird. Ein Großteil aller Energie fließt in die Verdauung. Mit dem Körper wird auch der Geist träge. Gesundheitliche Probleme folgen – es ist eine Missachtung des Schöpfers, indem wir sein Geschenk, unseren Geist und Körper und unsere Seele so behandeln und damit gering schätzen.

 

So sagt der Volksmund berechtigter Weise: „Ein wacher Geist wohnt in einem gesunden Körper“. Materie und Geist durchdringen einander.

 

Eine andere Seite ist die der Verteilungsgerechtigkeit – wenn die einen mehr verbrauchen, viel mehr, als sie benötigen, fehlt dies anderen. Die Kosten zur Behandlung der Folgeschäden belastet die Gesellschaft und führt dazu, dass weniger Geld für Soziales zur Verfügung steht. Es entsteht eine Wellenbewegung – ganz so, als wenn man einen Stein ins Wasser wirft.„Niemand lebt und stirbt für sich allein“ – dies zeigt sich deutlich. 

Die dualen Gegenkräfte zur Völlerei sind Enthaltsamkeit, Gelassenheit und Losgelöstheit.